WIE DIE MST-GRAFFE GMBH VERÄNDERUNG UND DIGITALISIERUNG ZUR ZUKUNFTSSICHERUNG ANPACKT

MST-Graffe GmbH

Die MST-Graffe GmbH sichert ihre Zukunft durch Digitalisierung. Das Mittelstand-Digital Zentrum hat das Unternehmen besucht.

Markus Graffe ist ein engagierter Unternehmer, aktiv, am Puls der Zeit und mit dem Blick nach vorne gerichtet. „Mich interessiert die Veränderung, denn sie ist die Basis für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Dazu gehört, dass man Bestehendes hinterfragt und überlegt, was man verbessern, vereinfachen oder effektiver gestalten kann“, erklärt der Firmengründer und Geschäftsführer der Maschinen- und Stahlbau Technik Markus Graffe GmbH (kurz „MST-Graffe GmbH“) mit Sitz in Langenlonsheim nahe Bad Kreuznach. Da überrascht es nicht, dass er das Thema Digitalisierung bereits vor einiger Zeit entdeckt hat und mitten in der Umsetzung eines Großprojekts ist.

Geschäftsführer Markus Graffe (Mitte), Projektleiterin Jana Zander (links) und Feinwerkmechaniker-Meister Paul Graffe (rechts) haben das ERP-System eingeführt. Fotos: Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum/A.Sell

Das Unternehmen hat dank seiner hohen Produktqualität namhafte Kunden dauerhaft an sich gebunden und einen soliden Kundenstamm aufgebaut. „Durch Rückmeldungen von Kunden in unseren Befragungen mussten wir aber feststellen, dass wir Nachholbedarf bei der Termintreue hatten“, erklärt Graffe. Sein Resümee „Unsere Fertigungssteuerung musste verbessert werden.“

Die Herausforderung für den Geschäftsführer bestand nun darin, eine bessere Fertigungsplanung, die bis zu 250 parallel laufenden Aufträge, die auch noch jeweils aus komplexen Bearbeitungsschritten bestehen, zu bekommen. Graffe hat sich daraufhin auf Veranstaltungen, Blechverarbeitungsmessen und in der Presse informiert und entschieden, die Fertigungssteuerung über ein Softwarepaket abzuwickeln. Eine ausgiebige Recherche führte schließlich zum Ziel: Ein ERP-System der Firma Beosys, die u.a. Software für Unternehmen im Bereich der mechanischen Bearbeitung und Blechfertigung anbietet.

Jana Zander, technische Produktdesignerin und derzeit berufsbegleitend Maschinenbaustudentin, hat die Einführung des ERP-Systems als Projektleiterin übernommen. „Das erste halbe Jahr bestand in der Eingabe unserer betrieblichen Daten ins System – von Adressen über Artikelnummern bis hin zu Kostenstellen. Von Anfang an haben wir unser Team regelmäßig geschult, zuerst der Arbeitskreis im Büro, dann die Mitarbeiter in der Fertigung“, erzählt sie. Im ersten Schritt wurde die gesamte Angebots- und Auftragsverwaltung über das ERP-System abgewickelt. Nach und nach kamen immer neue Module dazu. „So etwas geht nicht von heute auf morgen, aber wir entwickeln uns stetig weiter und nutzen immer mehr Module, die das System bereit hält“, so Zander.

Dank des neuen ERP-Systems kann der Mitarbeiter am Terminal alle für einen Auftrag relevanten Informationen einfach abrufen.

Die Mitarbeiter frühzeitig einbinden

Für Markus Graffe kann eine solche Einführung nur erfolgreich sein, wenn die Mitarbeiter das System akzeptieren, verstehen und damit arbeiten wollen. „Deshalb haben wir vor der Einführung mehrere Betriebsversammlungen mit dem gesamten Team abgehalten und die Vor- und Nachteile klar benannt“ beschreibt er. „Wir haben die Ängste der Mitarbeiter sehr ernst genommen, gleichzeitig jedem genug Zeit und Hilfestellung gegeben, sich mit dem System vertraut zu machen.“

Dank des neuen ERP-Systems ist es gelungen, die Transparenz im Prozess zu erhöhen und die Fehlerquote zu reduzieren. Wichtige Rückmeldungen der Mitarbeiter zu bestimmten Herstellprozessen werden ebenfalls eingepflegt, erklärt Feinwerkmechaniker-Meister und Sohn des Gründers Paul Graffe: „Zum Beispiel die beste Drehzahl und Vorschub bei der Zerspanung, oder in welchem Zustand sich das Vormaterial befindet. Auch eine händisch geänderte Zeichnung wird eingescannt und elektronisch 

abgelegt. An den Terminals können wir nun den Fertigungsauftrag anklicken und alle relevanten Informationen abrufen, von der Programmnummer für das Bearbeitungszentrum, über den Laserplan bis hin zur detaillierten Zeichnung.“ All diese Informationen garantieren eine Verbesserung, Vereinfachung und Wiederholbarkeit des Fertigungsprozesses. „Wir haben einen großen Sprung gemacht. Insgesamt haben wir unsere Produktivität gesteigert und die Liefertreue deutlich erhöht“, resümiert der Chef.

Ein weiteres Anliegen ist Markus Graffe sehr wichtig: „Auch wenn der Generationenwechsel in meiner Firma erst in ein paar Jahren ansteht, mache ich mir jetzt schon Gedanken über einen glatten Übergang. Dazu trägt das ERP-System bei, denn es hält viel Wissen und Informationen zu Kunden, Produkten und Aufträgen bereit“, so der Geschäftsführer.

„Wir haben die Ängste der Mitarbeiter sehr ernst genommen, gleichzeitig jedem genug Zeit und Hilfestellung gegeben, sich mit dem System vertraut zu machen."
Markus Graffe
Geschäftsführer

Weitergabe und Dokumentation von Wissen wichtig

Auch mit dem Thema Wissensmanagement beschäftigt sich Markus Graffe inzwischen ganz systematisch. Einerseits entwickeln die Mitarbeiter die besten Herstellprozesse immer weiter und diese Erkenntnisse gilt es, mit der Belegschaft zu teilen. Dies bestätigt der Meister Paul Graffe: „Jeder, der ein schwieriges Bauteil fertigen muss, freut sich, Erfahrungswerte von den Kollegen zu bekommen.“ Andererseits verlassen immer wieder Mitarbeiter, zum Beispiel durch den Renteneintritt, die Firma, und so scheidet nicht nur die Arbeitskraft selbst, sondern auch ihr Wissen aus dem Unternehmen aus. „Ob es um Spezialwissen unseres Teams bei Projekten oder besondere handwerkliche Fähigkeiten eines ausscheidenden Kollegen geht – dieses Wissen möchten und müssen wir festhalten“, so der Geschäftsführer.

Deshalb zeichnet das Team besondere Arbeitsvorgänge im Video auf. „Einen Videoclip von 10 Minuten zu schauen, ist moderner und spannender, als eine Anleitung von 50 Seiten durchzuarbeiten. Außerdem hat man die Chance, ein Video mehrmals anzusehen und dabei immer mehr auf Details zu achten.“ Ein weiterer Pluspunkt: die Aufzeichnung eines Kollegen ist zugleich auch die Auszeichnung, dass er gute Arbeit leistet, die als Beispiel für andere dienen soll. Graffe ist es besonders wichtig, dass seine Mitarbeiter motiviert bleiben. „Wir machen immer wieder etwas Neues, probieren einfach aus. Wir sind dynamisch unterwegs. Das ist ganz wichtig. Phantasie beflügelt!“

Um das Thema Wissensmanagement auszubauen, möchte die MST-Graffe GmbH mit dem Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Kaiserslautern zusammenarbeiten und hat bereits Unterstützung angefragt. „Wir haben das Kompetenzzentrum kürzlich auf dem Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit in Mainz kennengelernt und sofort Kontakt aufgenommen. Wir sind überzeugt, vom Team neue, wertvolle Impulse zu bekommen“, so Graffe.

Wissensweitergabe von erfahrenen Mitarbeitern an die junge Generation. Filme übertragen das Wissen auf moderne Art.

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Über das Unternehmen: MST-Graffe GmbH

Der Fertigungsbetrieb mit einer Produktionsfläche von 4000 m² hat sich auf die Komplettbearbeitung von Edelstahl, technischen Kunststoffen und Sonderlegierungen spezialisiert. Das Team ist in drei Bereichen tätig: als verlängerte Werkbank für Industrieunternehmen aus den Branchen Lebensmittel, Chemie, Pharmazie und Luftfahrttechnik; als Hersteller von einzelnen Maschinenbauteilen, kompletten Baugruppen und ganzen Anlagen; im Bereich der Konstruktion, Planung und Umsetzung von drucklosen sowie drucktragenden Behältern, Apparaten und Sonderkonstruktionen.

Webseite: https://www.mst-graffe.de/

Unternehmenssitz: Langenlonsheim

Mitarbeiter: 30

Gegründet: 1989

Autor: Dr. Haike Frank

Kontakt

Larissa Theis

Öffentlichkeitsarbeit