MIT DIGITALISIERUNG ZU NACHHALTIGKEIT IN DER ZIEGELBRANCHE

JUWÖ Poroton werke Ernst Jungk & Sohn GmbH

Bei der JUWÖ Poroton Werke Ernst Jungk & Sohn GmbH gehen Digitalisierung und Nachhaltigkeit Hand in Hand. Das Mittelstand-Digital Zentrum Kaiserslautern hat das Familienunternehmen besucht.

Einen besseren Ort als Wöllstein hätte sich Philipp Jungk nicht wünschen können, als er vom Großherzoglichen Kreisamt zu Alzey im Jahr 1862 die Genehmigung für einen Ziegelofen erhielt. Wöllstein verfügt über reichhaltige Tonvorkommen, gleich hinter dem Firmengelände von JUWÖ Poroton – wie das einstige Unternehmen von Philipp Jungk heute heißt – findet sich die Tongrube, aus der das Unternehmen seinen Ton bezieht. Die Tongrube ist ein Hauptfaktor, dass das Unternehmen dort steht, wo es heute steht: „Dass die Tongrube direkt hinter unserer Produktionshalle steht, ist einer der Gründe, warum wir die Krisen der Vergangenheit überlebt haben“, sagt Stefan Jungk, der das Familienunternehmen heute in fünfter Generation 

Ziegel von JUWÖ Poroton

Die JUWÖ Poroton Werke Ernst Jungk & Sohn GmbH fertigt Mauerziegel, die Produktion basiert auf der Nutzung von digitalen Tools. Fotos: Mittelstand-Digital Zentrum Kaiserslautern / A. Sell

führt. Mittlerweile sind die JUWÖ Poroton-Werke der Markführer im Rhein-Main-Gebiet, Rheinland-Pfalz und Hessen. Das Unternehmen fertigt unterschiedliche Ziegel, es hat sich im Laufe der Jahre immer wieder weiterentwickelt und baut nun auf Nachhaltigkeit. In den letzten zehn Jahren hat sich der Umsatz verdreifacht, im laufenden Jahr rechnet Jungk mit einem Umsatz von 35 Millionen Euro. 170 Millionen Ziegelsteine verlassen das Unternehmen pro Jahr, das reicht umgerechnet für 4000 Häuser. „Ein Ort wie Wöllstein – jedes Jahr durch unsere Ziegel“, sagt der Geschäftsführer. Um das ermöglichen zu können, bleibt die Firma stets innovativ. „Wir bringen jedes Jahr mindestens ein neues Produkt auf den Markt“, so Jungk. 

Tongrube von JUWÖ

Die Tongrube befindet sich direkt hinter dem Gelände

Höhere Effizienz durch PoroTec

Eines dieser Produkte sind die Ziegel aus der RX-Reihe des Unternehmens. Die Ziegel sind mit einem neuen Dämmstoff namens PoroTec gefüllt. Die Technologie erlaubt eine deutlich bessere Wärmeeffizienz. JUWÖ schafft es dadurch, den Platzverbrauch der Häuser zu reduzieren, indem die Wandstärke verringert werden kann. Ein Passivhaus, in dem keine klassische wassergeführte Heizung mehr notwendig ist, kann so statt einer Wandstärke von 50 Zentimetern – wie sie vorher üblich war – nun bereits mit einer Wandstärke von 42,5 Zentimetern realisiert werden. „Wir bringen damit das effiziente Bauen in den großen Markt“, sagt Stefan Jungk. Die RX-Ziegel sind ein Teil der Nachhaltigkeitsstrategie von JUWÖ. Möglich macht das eine digitalisierte Fertigung. 

Ziegel der RX-Serie

So sieht ein Ziegel der RX-Serie aus.

Jeder Arbeitsplatz ist mit zwei Bildschirmen ausgestattet, die gesamte Fertigung kann digital abgebildet werden. „Unser Werksleiter kann unser Werk von zuhause aus per Tablet steuern“, erklärt Jungk. Die Tonherstellung ist ein aufwändiges Unterfangen. Nach dem Tonabbau in der lokalen Tongrube wird das Material ein Jahr lang auf Halde gelagert. Anschließend wird es gemischt, gerührt und gepresst. Die entstehende Masse wird mit Dampf formbar gemacht, durch einen Extruder gepresst und geschnitten – die typische Ziegelsteinform entsteht. Anschließend laufen die Ziegelsteine durch den Trockner und werden schließlich im Ofen gebrannt. Neben den digital erfassten Prozessparametern kommt in der Qualitätskontrolle eine Künstliche Intelligenz zum Einsatz, die die Ziegelsteine auf Fehler untersucht und fehlerhafte Ziegel aussortiert.

Recycling in der Produktion und auf der Baustelle

Die fehlerhaften Ziegel werden bei JUWÖ im Sinne der Nachhaltigkeit wieder recycelt. Der gebrannte Ton kann zerkleinert werden, das Material kommt dann etwa beim Bau von Tennisplätzen, als Verfüllmaterial im Wegebau oder bevorzugt in der eigenen Produktion zum Einsatz.

"Unser Werksleiter kann unser Werk von zuhause aus mit dem Tablet steuern."
Stefan Jungk
Geschäftsführer JUWÖ Poroton-Werke

Auch die PoroTec-Füllung lässt sich wieder recyceln. Das Prozedere bietet JUWÖ zudem direkt auf der Baustelle an. „Wir sind tatsächlich eine plastikfreie Baustelle“, sagt Geschäftsführer Jungk. Übrig gebliebenes Material kann in sogenannten Big-Bags gesammelt werden, JUWÖ übernimmt anschließend die Wiederverwertung. Nachhaltigkeit ist Jungk ein wichtiges Anliegen, ab 2022 ist die gesamte Produktion des Unternehmens klimaneutral gestaltet. Dies geschieht zum einen durch den Einsatz von modernen Maschinen und Öfen, nicht vermeidbare Emissionen kompensiert er mit CO2-Zertifikaten der Vereinten Nationen.

Auf ihrem Weg werden die Ziegel geschnitten…

…und dann im Trockner getrocknet.

Der Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie, dessen Präsident Stefan Jungk ist, hat eine Roadmap veröffentlicht, mit der die Branche bis 2045 vollständig klimaneutral arbeiten soll. „Dort beschreiben wir drei Pfade“, sagt er. Neben dem Emissionsausgleich und der Hochrüstung bestehender Anlagen setzt die Branche auch auf Technologien, die bisher noch nicht erfunden beziehungsweise marktreif sind. So könne etwa beim Brennen der Ziegel Wasserstoff verwendet werden. Auch JUWÖ treibt die Forschung zu diesem Thema voran. „Wir sind in verschiedenen Netzwerken drin, die entsprechenden Input geben“, erklärt Jungk. JUWÖ betreibt daneben noch weitere Projekte, beispielsweise werden Bienen auf dem Firmengelände gehalten, die für Artenvielfalt sorgen. Für Geschäftsführer Stefan Jungk ist auch das Produkt selbst ein Beitrag zum nachhaltigen Bauen. „Der Ziegel findet immer mehr Zuspruch, gerade vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit“, erklärt er.

Mit einer Roadmap möchte die Ziegelbranche klimaneutral werden.

Brick-IT schafft branchentaugliche Software

JUWÖ ist in der Branche ein Vorreiter, sowohl in der Nachhaltigkeit als auch in der Digitalisierung. „Wir haben einen Vorsprung von fünf bis zehn Jahren“, sagt Olaf Daum, Kaufmännischer Leiter und Prokurist des Unternehmens. Daum ist zudem Geschäftsführer von Brick-IT, einer Ausgründung von JUWÖ, die seit 2019 existiert. JUWÖ stand damals vor dem Problem, dass die ERP-Software veraltet war. Eigentlich war das Unternehmen auf der Suche nach einer Standard-Lösung, musste dann jedoch feststellen, dass die Anforderungen der Ziegelindustrie zu sehr von jenen in anderen Branchen abweichen. Mit Brick-IT hat JUWÖ zusammen mit Partnern eine Lösung geschaffen, die genau auf die Ziegelindustrie abgestimmt ist. „Wir wollten eine zukunftsfähige Lösung bauen“, sagt Brick-IT-Geschäftsführer Daum. „Unser Wissen möchten wir mit anderen teilen, um auch von deren Erfahrung zu profitieren“, sagt Stefan Jungk. 

JUWÖ hat es damit geschafft, die digitale Transformation in diesem Bereich erfolgreich umzusetzen. Ein Vorteil des neuen Systems ist das Wissensmanagement-System, Mitarbeiterwissen kann so konserviert werden, auch wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. „Wir haben einen Datencontainer, auf den sämtliche Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen zugreifen können“, sagt Daum. Für die Zukunft wünscht er sich, dass der gesamte Lebenszyklus des Ziegelsteins digital abgebildet werden kann: „Aktuell haben wir einen Systembruch an der Endladestation“, sagt Daum.

Bei JUWÖ läuft in der Produktion vieles digital ab.

Die Arbeitsplätze sind mit einem oder mehreren Bildschirmen ausgestattet.

Weiterhin innovativ sein

Wenn nachvollzogen werden kann, welche genauen Ziegel in einem Haus verbaut wurden, macht das auch die Instandhaltung oder den Abriss nach mehreren Jahrzehnten einfacher. Theoretisch kann so auch realisiert werden, dass Unternehmen die Ressourcen nach dieser Zeit zurücknehmen. JUWÖ setzt sich weiter mit Innovation und Digitalisierung auseinander. „Wenn wir alles gleich gelöst hätten, wäre es ja langweilig“, sagt Stefan Jungk lachend.

Lust auf Digitalisierung?

Die Lern- und Aktionsplattform LEA zeigt im Kurs „Prozessmanagement als Basis für Digitalisierung“, welche Voraussetzungen im Unternehmen vorhanden sein sollten, um digital durchstarten zu können.

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Über das Unternehmen: JUWÖ Poroton Werke Ernst Jungk & Sohn GmbH

Daten und Fakten

Die JUWÖ Poroton Werke Ernst Jungk & Sohn GmbH stellt Mauerziegel her und ist im Rhein-Main-Gebiet, Hessen und Rheinland-Pfalz Marktführer. Geschäftsführer Stefan Jungk leitet das Unternehmen mittlerweile in fünfter Generation. Als erstes Ziegelwerk in Südwest- und Westdeutschland ist es nach dem Energie-Management-System nach EN 50001 und einem freiwilligen Klimamanagement-System nach ISO 14064 zertifiziert.

Webseite: https://www.juwoe.de/

Unternehmenssitz: Wöllstein

Mitarbeiter: 155

Gegründet: 1862

Autor: Julian Hörndlein

Kontakt

Larissa Theis

Öffentlichkeitsarbeit